WM Favoriten und Außenseiter: Wer wird Weltmeister 2022?

 

Bildquelle: sport1.de

 

Wenn am 18. Dezember der endgültige Abpfiff ertönt und der neue Fußballweltmeister feststeht, ist bei den Fans das Mitzittern vorbei, und die Nachlese fängt an. Zu den Einsichten zählen die Erfolge oder Misserfolge bei den Prognosen der Buchmacher.

 

Weil die ersten Wetten auf die WM-Spiele in Qatar bereits viele Monate im Vorfeld abgeschlossen werden konnten, sind seitdem etliche andere Variablen ins Spiel gekommen, die die Quoten und die Reihenfolge der Favoriten jeweils noch bis zum Annahmeschluss beeinflussen. Bei den anfänglichen Wetten mussten die Buchmacher von allgemein gehaltenen Statistiken ausgehen. Dazu gehören das jeweilige Abschneiden der Länder bei den Turnieren der jüngeren Vergangenheit und über längere Sicht sowie die Ergebnisse gegen spezifische Kader, inklusiven Angstgegnern. Auch das Klima im Gastgeberland spielt eine Rolle bei den Prognosen. Das gilt besonders für die erste Winterweltmeisterschaft in der Fußballgeschichte, die aufgrund der im Sommer herrschenden Gluthitze im Wüstenstaat Qatar auf den späten November und Dezember verschoben wurde. Während dann das Thermometer im Schnitt tagsüber weiterhin auf über 20 Grad steigt, wird es nachts empfindlich kühl. Für Mannschaften wie die deutsche Elf bedeutet das einen kräftigen Klimawechsel, der sich durchaus in der Leistung niederschlagen kann. Hinzu kommt erstmals der Wegfall der sonstigen Ruhepausen nach dem Ende der Spielzeit und ein gemeinsames Trainingslager zur Vorbereitung. Wo sonst Reporter und Fans mit Argusaugen auf die Form der Spieler geachtet haben, mussten die Kicker jetzt bis zum Tag vor dem Abflug auf die arabische Halbinsel ihre eigenen Ligaspiele bestreiten.

 

Das Ergebnis sind Ausfälle von eigentlich als sicher geltenden Kickern, die sich entweder noch in den letzten Tagen eine Verletzung zugezogen haben oder bestehende Blessuren nicht schnell genug auskurieren konnten. Im deutschen Kader gehört Marco Reus zu den verletzungsbedingten Ausfällen. Leroy Sané hat es hingegen gerade noch geschafft, sich von einem Muskelfaserriss im Oberschenkel zu erholen. In letzter Minute ist auch der als einer der besten, wenn nicht der beste Bundesligaspieler geltende Christopher Nkunku ausgefallen. Für Leipzig-Fans ist das eine Nachricht, die gemischte Gefühle auslösen kann. Nkunku mag zwar einer der Helden des ostdeutschen Clubs sein, aber er war auch einer der großen Hoffnungsträger des Titelverteidigers Frankreich.

 

Als unangefochtener Favorit auf den Weltmeisterschaftssieg gilt bei den Buchmachern die Mannschaft aus Brasilien. Die Südamerikaner, die seit 1970 Rekordweltmeister sind und bereits 5 Titel geholt haben, haben nicht nur mit überlegenen Spielergebnissen überzeugt, sondern sind auch wettertechnisch weitaus besser auf die Bedingungen in Qatar vorbereitet als die Nord- und Mitteleuropäer.

 

Bis vor kurzem galt Argentinien als zweithöchster Favorit. Für die Südamerikaner, die bisher zweimal zum Weltmeister gekrönt wurden, geht es vor allem für ihren Starspieler Lionel Messi um Alles oder Nichts. Bei all den Erfolgen, die den Stürmer zum teuersten Transferspieler in der FIFA-Geschichte gemacht haben, ist ihm bislang ein WM-Titel verwehrt geblieben. Qatar ist aller Voraussicht nach die letzte Chance des 35-Jährigen.

 

Unter den europäischen Teams gilt Frankreich als der vielversprechendste Titelanwärter. Die Equipe Tricolore liegt derzeit bei den Buchmachern auf Platz 2 der Favoritenliste. Die französische Elf kann dabei trotz Nkunkus Ausfall auf einen hochkarätigen Kader setzen, der von Starkickern nur so strotzt. Aber auch England und Spanien werden gute Aussichten eingeräumt.

 

Deutschlands Elf, die lange Jahre stets mit an der Spitze bei den Prognosen lag, muss sich mit einem Platz dahinter begnügen. Die Erfolgssträhne der Kicker aus der Bundesrepublik war bei der Weltmeisterschaft 2018 auf blamabelste Weise gerissen, als der Titelverteidiger nicht einmal die Vorrunde überstand. Etwas besser schnitten die Deutschen bei der Europameisterschaft 2021 ab, aber nach dem Achtelfinale war es auch dort vorbei. Dem seit 2021 amtierenden Bundestrainer Hansi Flick und seinem Kader wird dennoch eine Überraschung in der Wüste zugetraut. Es wäre nicht die erste bei einer Weltmeisterschaft, bei der die Deutschen beteiligt waren. Zur Legende ist dabei das “Wunder von Bern” 1954 in der Schweiz geworden, als Außenseiter Deutschland unter der Führung von Trainer Fritz Walter nach einem spektakulären 3:2 Sieg über die klar favorisierten Ungarn den ersten von 4 Titeln holten. Zwanzig Jahre später wiederholten sie den Erfolg, nur um 1978 in Argentinien im letzten Gruppenspiel gegen die bereits zur Abreise bestimmten Österreicher mit 2:3 zu scheitern. Das Spiel ist bis heute als “Schmach von Cordoba” ein fester Bestandteil der Fußballgeschichte.

 

Frankreich hat ebenfalls seinen Platz auf der Liste der schmerzlichsten Überraschungen. Die als amtierender Champion zur WM 2002 in Japan und Südkorea angereiste Elf musste sich nach der Gruppenphase verabschieden, ohne gegen Senegal, Uruguay und Dänemark auch nur einen Treffer erzielt zu haben.

 

Insofern ist auch diesmal wieder alles möglich, und die Quoten der Buchmacher werden sich von Spieltag zu Spieltag ändern können. Fest steht nur, dass die Augen der Fußballwelt sich vier Wochen lang auf Qatar richten und das Mitzittern erst vorbei ist, wenn am Schlusstag der neue Champion gekrönt wird.

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