Der Klimawandel schreitet unaufhaltsam voran. Jährlich werden neue Wärmerekorde verzeichnet. Daher hat sich die Europäische Union (EU) zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2045 klimaneutral zu wirtschaften. Deutschland geht diese Problematik in einem ersten Schritt dahingehend an, dass bis 2030 rund 80 Prozent des Brutto-Stromverbrauchs über erneuerbare Energieträger generiert werden sollen. 

Aus diesem Grunde hat die Regierung im letzten Jahr eine umfassende Solarstrategie vorgestellt, die in Form des Solarpakets 1 eigentlich schon bis zum 1. Januar dieses Jahres in ein Gesetz münden sollte. Aufgrund der Querelen um den Bundeshaushalt wurde die entscheidende Abstimmung auf Ende März verschoben, wobei die Zustimmung der Mehrheit der Abgeordneten als sicher gilt.

Das Paket enthält weitreichende Veränderungen, um die flächendeckende Verbreitung von Photovoltaik (PV) zu beschleunigen. Davon profitieren auch Besitzer von Balkonkraftwerken. Unter anderem wird die Anmeldung vereinfacht und die Nennleistung erhöht. So wird es künftig möglich sein, Solarstrom mit einem 800 Watt Balkonkraftwerk zu produzieren.

Für die Inbetriebnahme eines Balkonkraftwerks müssen alte Ferraris-Zähler nicht mehr zwingend ausgetauscht werden! (link)

Ein Balkonkraftwerk und seine Funktionsweise

Unter einem Balkonkraftwerk wird eine Mini-PV-Anlage verstanden, mit dem auch die Millionen Mieter und Besitzer von Eigentumswohnungen nachhaltigen und billigen Strom für den Eigenbedarf produzieren können. Ein Balkonkraftwerk beziehungsweise eine Stecker-Solaranlage besteht aus bis zu vier Modulen und einem Wechselrichter. Überdies sind die notwendigen Kabel und Stecker sowie eine entsprechende Halterung Teil des Lieferumfangs. 

Genau wie herkömmliche PV-Anlagen auf dem Dach oder im Freiland produzieren die Module aus der einfallenden Sonneneinstrahlung Gleichstrom. Den besten Ertrag erzielen derzeit hochmoderne, bifaziale Module aus monokristallinem Silizium. Diese Produkte sind derart konstruiert, dass sie beidseitig Energie produzieren. Der Wechselrichter wandelt den ankommenden Gleichstrom in gebrauchsfähigen Wechselstrom um.

Einfache Installation

Seinen besonderen Charme bezieht eine Mini-PV-Anlage aus dem Umstand, dass zur Installation kein Fachbetrieb beauftragt werden muss. Die Komponenten werden einfach nach den Angaben des Herstellers zusammengesteckt. Danach wird die Anlage über eine Steckdose ans Hausnetz angeschlossen. 

Der eingespeiste Strom wird bevorzugt verbraucht, der Stromzähler läuft langsamer und die monatliche Stromrechnung fällt bedeutend niedriger aus. Damit es zu keinen Überlastungen kommt, regelt der Wechselrichter die Einspeisung ab, sobald die erlaubte Nennleistung erreicht ist. Soll der Strom nachts genutzt werden, kann zusätzlich eine Solarbatterie angesteckt werden.

Welche Vorteile bringt ein Balkonkraftwerk mit sich?

Ein Balkonkraftwerk ermöglicht es den Betreibern, ihren ökologischen Fußabdruck zu verkleinern und damit direkt an der Energiewende teilzuhaben. Außerdem lassen sich ökonomische Vorteile festmachen. 

Bei angemessener Positionierung und Dimensionierung sowie einer intelligenten Nutzung der Elektrogeräte kann ein Haushalt bis zu 40 Prozent des Eigenbedarfs an Strom nachhaltig produzieren. Die exakte Ersparnis hängt vom Einzelfall ab. In der Regel amortisiert sich die Investition innerhalb von drei bis vier Jahren. Danach generiert die Anlage über viele Jahre hinweg kostenlos sauberen Strom.

Wo lässt sich ein Balkonkraftwerk platzieren?

Im Gegensatz zu dem Eindruck, den der Name suggeriert, lässt sich ein Balkonkraftwerk auch im Garten, am Gartenzaun, auf der Veranda oder auf dem Garagendach platzieren. Findige Hersteller wie Greensolar haben nämlich intelligente Befestigungssysteme entwickelt, wodurch die Positionierung von Balkonkraftwerken überaus flexibel gestaltet werden kann. 

Was ist bei der Standortwahl zu berücksichtigen?

Üblicherweise wird der Standort mit der meisten Sonneneinstrahlung gewählt. Dabei sind die folgenden Faktoren einzubeziehen, um den besten Ertrag zu erzielen:

  • Ausrichtung nach Süden.
  • Neigungswinkel von 35 Grad nach hinten.
  • Verschattungen sind zu vermeiden.
  • Wechselrichter und Anschlüsse sind vor Feuchtigkeit und direkter Sonneneinstrahlung zu schützen.

Solarpaket 1 – zahlreiche Lockerungen bei der Inbetriebnahme einer Stecker-Solaranlage

Schon bei der jetzigen Gesetzgebung ließ sich eine große Nachfrage nach handlichen und günstigen Solarkraftwerken feststellen. Bis heute wurden etwa 300.000 Anlagen installiert. In Anbetracht der Millionen von Haushalten ohne eigenes Dach lässt sich jedoch ein riesiges Potenzial erkennen. Solarpaket 1 geht mit dem Ziel an den Start, dieses vollständig auszuschöpfen.

Um die flächenmäßige Verbreitung von PV anzukurbeln, wurde schon zu Beginn 2023 die Mehrwertsteuer auf alle PV-Produkte und PV-Dienstleistungen erlassen. Mit dem Solarpaket 1 legt die Regierung nun nach. Für Balkonkraftwerke werden mehrere Maßnahmen wirksam, die teilweise schon umgesetzt wurden.

Vereinfachtes Registrierungsverfahren

Aus nicht ersichtlichen Gründen muss ein Balkonkraftwerk bisher doppelt registriert werden. So verlangen sowohl die Bundesnetzagentur als auch der regionale Netzbetreiber eine eigenständige Anmeldung. Die Einschreibung beim örtlichen Versorger entfällt nun.

Künftig muss ein Balkonkraftwerk nur noch ins Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur eingetragen werden. Die Behörde hat ihr Anmeldeverfahren dahingehend vereinfacht, dass die Registrierung online innerhalb weniger Minuten vollzogen werden kann.

Erhöhung der Nennleistung

Der wohl größte Impuls geht mit der Erhöhung der Nennleistung einher. Dürfen bisher 600 Watt ins Hausnetz eingespeist werden, sind es zukünftig 800 Watt. Damit wird endlich der Wert erreicht, der von der EU in der gesamten Staatengemeinschaft empfohlen wird. Anlagen, die einen WLAN-fähigen Wechselrichter besitzen, werden einfach upgedatet. Ansonsten kann ein zusätzlicher Wechselrichter von 200 Watt Nennleistung integriert werden. Bei älteren Balkonkraftwerken empfiehlt sich ein Austausch.

Zudem erhöht sich die erlaubte Modulleistung auf 2.000 Watt. Bei PV-Anlagen ist es üblich, dass die Modulleistung die Nennleistung erheblich übersteigt. Dadurch wird es möglich, auch bei bewölktem Himmel das Optimale aus der Anlage herauszuholen. Der Wechselrichter bremst die Einspeisung, um Überlastungen des Hausnetzes auszuschließen.

Balkonkraftwerk gilt als Einzelanlage

Diese Regelung unterstützt Verbraucher, die schon eine Dachanlage installiert haben, den Ertrag aber mit einem Balkonkraftwerk steigern möchten. Bisher wird die Kleinanlage als Erweiterung der bestehenden Anlage eingestuft. Dadurch kommen auf den Betreiber unnötige bürokratische Hürden zu. Als separate Anlage kann ein Balkonkraftwerk nun ohne komplizierte An- und Ummelde-Verfahren installiert werden. 

Mieterrechte werden gestärkt

Balkonkraftwerke werden in die Kataloge für privilegierte bauliche Maßnahmen aufgenommen. Diese Änderung zieht den Vorteil nach sich, dass Mieter und Besitzer von Eigentumswohnungen ein kleines Solarkraftwerk auf ihrem Balkon installieren dürfen, ohne dass der Vermieter oder die Hausgemeinschaft Einspruch einlegen können.

Wieland- oder Schuko-Stecker?

Lange Jahre bremste der einflussreiche VDE (Verband für Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik e.V.) die Verbreitung von Balkonkraftwerken, indem er auf einem Anschluss mittels einer Wieland-Steckdose bestand. Diese ist kostenintensiv und muss zudem von einem Fachbetrieb installiert werden. 

Inzwischen hat der Verband ein neues Positionspapier erarbeitet, indem er den Anschluss auch mit einem herkömmlichen Schuko-Stecker befürwortet. Dadurch erhöht sich die Rentabilität eines Balkonkraftwerks spürbar.

Klassifizierung als Bauprodukt entfällt

Diese Lockerung wirkt sich dahingehend aus, dass Module mit Verglasung von nun an in einer Höhe angebracht werden dürfen, die vier Meter überschreitet. Außerdem entfallen Vorgaben, die veranlassen, dass der Flächenverbrauch der Module auf zwei Quadratmeter begrenzt ist.

Verpflichtung zum Zähleraustausch ausgesetzt

Eine weitere wichtige Lockerung betrifft die Stromzähler. Der Gesetzgeber besteht darauf, dass Stecker-Solaranlagen nur mit einem Zähler betrieben werden können, der über eine Rücklaufsperre verfügt. In der Regel sind in Bestandsbauten rückwärts laufende Ferraris-Zähler verbaut, die auf Kosten des Netzbetreibers ausgetauscht werden. 

Da es aufgrund des Fachkräftemangels und der riesigen Nachfrage zu monatelangen Verzögerungen kommt, kann ein neues Balkonkraftwerk bis auf Weiteres auch mit einem älteren Zählermodell in Betrieb genommen werden.

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